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Ministerium der Justiz und für Europa will konsequentere Verfolgung der Alltagskriminalität

Datum: 20.03.2018

Kurzbeschreibung: Kleinkriminalitätserlass soll für Ladendiebstähle aufgehoben werden

Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf: „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich der Rechtsstaat bei der Strafverfolgung von Ladendiebstählen aus ökonomischen Gründen zurückzieht.“

Das Ministerium der Justiz und für Europa strebt eine konsequentere Verfolgung der Alltagskriminalität an. Bislang regelt der sogenannte Kleinkriminalitätserlass, eine Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums, dass bei Ladendiebstählen mit Schäden von bis zu 25 Euro ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung in der Regel nicht besteht. Diese Wertgrenze soll aufgehoben werden. Das bestätigte Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf heute (20. März 2018).

 

Minister der Justiz und für Europa Guido Wolf sagte: „Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten intensiv verschiedene Möglichkeiten für eine konsequentere Bekämpfung der Alltags- und Kleinkriminalität diskutiert. Ein Thema, das aus der Bevölkerung, der Wirtschaft, von Staatsanwälten und der Polizei in diesem Zusammenhang immer wieder an mich herangetragen wurde, ist die Abschaffung der Wertgrenze von 25 Euro bei Ladendiebstählen.“

Wolf weiter: „Auch Ladendiebstähle, die einen Schaden bis 25 Euro verursachen, stellen ein strafbares Verhalten dar, das nach meiner Überzeugung zu sanktionieren ist. Zur Stärkung des Vertrauens in die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats halte ich es für unverzichtbar, dass unsere Staatsanwaltschaften auch bei diesem Massendelikt für eine konsequente Strafverfolgung Sorge tragen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich der Rechtsstaat im Bereich der Strafverfolgung von Ladendiebstählen aus ökonomischen Gründen zurückzieht. Denn der Rechtsstaat lebt vom Vertrauen der Bevölkerung in seine unterschiedslose Geltung und breit angelegte Durchsetzungskraft.“

 

„Wertgrenzen bergen zum einen die Gefahr einer schematischen Sachbearbeitung, bei der die spezial- und generalpräventiven Aspekte des konkreten Verfahrens aus dem Blick geraten können. Zum anderen können entsprechende Wertgrenzen in der Bevölkerung so wahrgenommen werden, dass in diesem Bereich eine Strafverfolgung nicht mehr uneingeschränkt stattfindet. Äußerstenfalls entsteht der fatale Eindruck, dass Ladendiebstähle jedenfalls von Ersttätern folgenlos und ohne jedes strafrechtliche Risiko begangen werden können.“

 

Wolf führte weiter aus: „Zwar wird die Aufhebung der landesweit geltenden Wertgrenzen zu einem gewissen Mehraufwand im Bereich der staatsanwaltschaftlichen Strafverfolgung und Strafvollstreckung führen. Ebenso ist ein moderater Anstieg strafgerichtlicher Verfahren zu erwarten. Dieser Mehraufwand fällt jedoch im Ergebnis nicht wesentlich ins Gewicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass wir in Baden-Württemberg mit den Staatshaushaltsgesetzen 2017 und 2018/19 insgesamt 75 Neustellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie 66 Neustellen für Richterinnen und Richter geschaffen haben.“ Die beabsichtigte Änderung wird in den nächsten Tagen dem Normenkontrollrat zugehen.

 

Hintergrundinformationen:

Beim so genannten Kleinkriminalitätserlass handelt es sich um die Verwaltungsvorschrift des Justizministeriums zur strafverfahrensrechtlichen Behandlung der Kleinkriminalität. Diese wurde zuletzt 2012 geändert.

 

Der Kleinkriminalitätserlass enthält auch eine Vorschrift über mögliche Einstellung von Ermittlungsverfahren nach § 153 der Strafprozessordnung (StPO) bei häufig auftretenden Eigentumsdelikten (in der Praxis insbesondere Ladendiebstähle).

 

Nr. 1.1 des Erlasses lautet derzeit: „Bei massenhaft auftretenden Eigentums- und Vermögensdelikten wird ein öffentliches Interesse an der Verfolgung (§ 153 Absatz 1 Satz 1 StPO) vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls (etwa einschlägige Vorbelastungen) zu verneinen sein, wenn der Wert der entwendeten oder unterschlagenen Sache beziehungsweise der Schaden nicht mehr als 25 Euro beträgt.“

 

Die Vorgängervorschrift aus dem Erlass des Jahres 1993 lautete: „Bei massenhaft auftretenden Eigentums- und Vermögensdelikten wird ein öffentliches Interesse an der Verfolgung (§ 153 Absatz 1 Satz 1 StPO) vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls (etwa einschlägige Vorbelastungen) zu verneinen sein, wenn der Wert der entwendeten oder unterschlagenen Sache beziehungsweise der Schaden nicht mehr als 30 DM beträgt.“

 

Im Jahr 1999 erfolgte eine Absenkung dieser Wertgrenze von 30 DM auf 10 DM (Umwandlung mit Euro-Einführung auf 5 Euro). 2012 wiederum wurde diese Wertgrenze auf die derzeit geltenden 25 Euro angehoben.

 

§ 153 Absatz 1 Strafprozessordnung (StPO) lautet: „Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.“

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