Page 6 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
P. 6

Schwerpunktthema


























          Dr. Dietmar Rupp

          150 Jahre Weinbauschule Weinsberg






          Am Sonntag, den 23. Februar 1868, nach dem Vormittagsgottesdienst, wurde in Weinsberg die erste
          Weinbauschule  Deutschlands  eröffnet.  Aus  kleinen  Anfängen  ist  seitdem  ein  wichtiges  Aus-  und
          Fortbildungszentrum für den Wein- und Obstbau entstanden.



          Bild 1                     Dornfeld hat eine Idee
          Die Gebäude der Weinbauschule/                                    und dafür im Gegenzug neben dem Unter-
          LVWO 2018.                n vielen Weinbaugemeinden Württembergs   richt sämtliche anfallenden praktischen Ar-
                                   Iwar das Leben um die Mitte des 19. Jahrhun-  beiten erledigen. Damit formulierte Dornfeld
                                   derts  nicht einfach. Mit etwas Ackerbau,   eine Art Musterbetrieb, der zum einen der
                                   Viehzucht, Obst und vielleicht ein- oder zwei   Ausbildung dient und zugleich neue Erkennt-
                                   handtuchartigen Weinbergen musste die Fa-  nisse erarbeitet. Im Jahr 1849 übergab Dorn-
                                   milie ernährt werden. Der Obstbau diente   feld seine Vorschläge sogar an die Stuttgarter
                                   meist der Eigenversorgung. Der in großen   Zentralstelle für Landwirtschaft. Auch in der
                                   Bütten vergorene Wein wurde noch unter der   Abgeordnetenkammer wurde das Vorhaben
                                   Presse an die Weinhändler verkauft. In ertrag-  diskutiert. Die königliche Regierung hatte in
                                   reichen Jahren war der Preis schlecht, in Fehl-  diesen Jahren aber andere Pläne. Außerdem
                                   jahren gab es nichts zu verkaufen. Während   fehlte es an Geld. Erst im Dezember 1863,
          Bild 1a                  mit der Gründung der Hohenheimer Acker-  wenig Monate vor seinem Tod, gab König
          Das Schulhaus von 1898   bauschule bereits 1818 neue Wege beschritten   Wilhelm I. seine Zustimmung. Im Etat des
          - Württembergische
          Weinbauschule-.          wurden, war es um die Aus- und Fortbildung   Ministeriums für das Kirchen- und Schulwe-
                                   im Weinbau schlecht bestellt. Einen Lösungs-  sens wurden für den Ankauf von Rebflächen
                                   ansatz sah der zuvor in Hohenheim tätige   die notwendigen Mittel eingestellt und Weins-
                                   Tübinger Professor Karl Wilhelm Göritz. In   berg als künftiger Standort der Schule festge-
                                   Anlehnung an seine frühere Wirkungsstätte   legt. Mit Christian Single aus Stuttgart als ers-
                                   skizzierte er 1850 Grundzüge für eine höhere   tem Vorstand und Johannes Mühlhäuser als
                                   theoretisch-praktische Lehranstalt für Wein-  Stellvertreter war eine Doppelspitze für die
                                   bau und Weinbereitung.                   weiteren Vorarbeiten zuständig. Single war
                                                                            Mitglied des Stuttgarter Gemeinderats und
                                   Schon einige Jahre vor Göritz befasste sich   als Weinbausachverständiger ein Spezialist für
                                   der Weinsberger Kameralverwalter Immanuel   Rebsorten. Mühlhäuser, der zuvor in Hohen-
                                   Dornfeld mit der Frage der Ausbildung im
                                                                            heim tätig war, regelte die Angelegenheiten
           Foto: D. Rupp           Weinbau. Seiner Meinung nach sollten die   vor Ort in Weinsberg. Einigermaßen brauch-
                                   Schüler einer Weinbaulehranstalt unentgeltli-
                                                                            bare Gebäude für das Erste fanden sich dort
                                   che Verpflegung und Unterkunft erhalten
                                                                            am Rand des Stadtkerns (Bild 1a).


          6                                                                                       Landinfo 2 | 2018
   1   2   3   4   5   6   7   8   9   10   11